Bürger*innen haben ihre Kriterien für Photovoltaik in NWU erarbeitet

Nach vielen Monaten des ehrenamtlichen Engagements ist es nun soweit: Die Ergebnisse des Beteiligungsprozesses zu Photovoltaikanlagen auf Freiflächen in der Gemeinde Nordwestuckermark liegen als Bürgerkriterienkatalog vor und wurden am 27. Juni an den Bürgermeister und den Vorsitzenden der Gemeindevertretung überreicht. In diesem Beitrag können sie nachgelesen werden.

Einleitung

Die Gemeinden entscheiden über die Aufstellung von Photovoltaik-Anlagen auf Frei- und Ackerflächen in ihrem Gemeindegebiet und können hierzu ein Regelwerk, einen sogenannten Kriterienkatalog, erstellen, in denen die Möglichkeiten und Grenzen der Anlagen festgehalten werden. In unserer Gemeinde Nordwestuckermark besteht diesbezüglich laut Gemeindeverwaltung Handlungsbedarf. Der seit mehr als zwei Jahren existierende Beschluss 47/2020, in dem es heißt, dass unter anderem Acker- und Grünlandflächen für die Errichtung von Photovoltaik-Freiflächenanlagen auszunehmen sind, soll durch einen Kriterienkatalog abgelöst werden, auf dessen Grundlage die Gemeindevertretung über die Genehmigung entscheidet. Die Gemeindeverwaltung hat Ende 2022 einen ersten Entwurf eines Kriterienkatalogs vorgestellt.

Laut Beschlusses der Gemeindevertretung zum  Einwohnerantrags vom 1. Dezember 2022 haben die Bürgerinnen und Bürger in einem Beteiligungsprozess die Möglichkeit, sowohl über mögliche Herausforderungen und Probleme, als auch über Chancen und Potentiale in Bezug auf den Bau von PV-Anlagen auf Frei- und Ackerflächen ins Gespräch zu kommen. Im Rahmen der rechtlichen, technischen und finanziellen Möglichkeiten sollten sie in diesem Prozess die Möglichkeit erhalten, Erwartungen und Empfehlungen an die Gemeindevertretung auszusprechen und sogenannte „Bürgerkriterien“ zu erarbeiten, die als valide Grundlage für einen Kriterienkatalog der Gemeinde genutzt werden sollen.

Eine Planung- und Organisationsgruppe (Martina Döcker, Johannes Drews, Normen Hagel, Katja Neels, Ralph Ryl, Andrea Schüten-Schwedhelm, Rudolf Volkmer, Volker Wille), gegründet aus dem Dörfernetzwerk, hat diesen Beteiligungsprozess initiiert, mit fachlicher Prozessbegleitung und in enger Kooperation mit der Gemeindeverwaltung im 1. Halbjahr 2023 durchgeführt.

Die Ergebnisse des Beteiligungsprozesses wurden in dem vorliegenden Bürgerkriterienkatalog zusammengeführt. Von der ersten Unterschrift unter den Einwohnerantrag bis zur letzten Diskussionsrunde der Kriterien haben sich mehr als 400 Bürgerinnen und Bürger beteiligt und ihre Empfehlungen eingebracht.

In diesem Dialog sprachen sich viele Bürgerinnen und Bürger gegen den Bau von PV-Anlagen auf Frei- und Ackerflächen in der Nordwestuckermark aus. Häufig wurden die Belastungen der Bürgerinnen und Bürger durch den Ausbau der erneuerbaren Energien angesprochen und z.B. auf die hohen Strompreise in unserer Region verwiesen. Dabei wurde u.a. in Frage gestellt, dass der Ausbau von Stromnetzen und Speicherkapazitäten mit dem Bau der Anlagen Schritt halten kann und dabei auf abgeregelte Windräder der Umgebung verwiesen. Einigkeit bestand darin, dass der Erhalt der Landschaft und Natur- und Artenschutz für die hier lebenden Menschen Priorität hat. Immer wieder wurde die Sorge benannt, nur Wenige und in erster Linie Investoren könnten von dem Bau der Anlagen profitieren. Alternativen hierzu und Möglichkeiten der Wertschöpfung für die Gemeinde sowie Formen der Teilhabe der Bürgerinnen und Bürger, z.B. in Form einer Genossenschaft oder Versorgung mit billigerem Strom und Wärme, waren häufig genannte Forderungen.

So wird es als erforderlich angesehen, eine Vereinbarkeit zu erzielen, die die Akzeptanz der Bürgerinnen und Bürger in den Mittelpunkt stellt und deren Anliegen als handlungsleitend ansieht. Dies bedeutet, dass der Ausbau der erneuerbaren Energien maßvoll, mit Respekt für die Bedürfnisse der Anwohner und den Erhalt der Lebensqualität in der Region vollzogen wird. Die erarbeiteten Bürgerkriterien möchten dies sicherstellen.

Methodisches Vorgehen

Zur Abstimmung und Vorbereitung des Konzeptes und der Struktur der Beteiligung fanden im Zeitraum Dezember 2022 bis Februar 2023 drei Workshops der Planungsgruppe mit einer Expertin für Beteiligungsprozesse statt. In diesen wurde das Beteiligungsformat erarbeitet, welches in Klärungsgesprächen mit der Gemeindeverwaltung rückgekoppelt und abgestimmt wurde. Ziel war es im geplanten Beteiligungsverfahren allen Bürgerinnen und Bürgern der Gemeinde Nordwestuckermark die Möglichkeit zu geben, sich zu beteiligen. Die Einladung hierzu erfolgte über den Aushang von Plakaten in allen Dörfern, über die Webseite der Gemeindeverwaltung und 38-unter-einem-Hut.de sowie über Artikel in der Tageszeitung.

Der erarbeitete Beteiligungsprozess bestand aus zwei Phasen:

Phase I umfasste drei von der Struktur her identische Workshops in drei unterschiedlichen Dörfern der Gemeinde. Diese fanden am 19. April in Lindenhagen, am 20. April in Fürstenwerder und am 25. April in Naugarten, statt. Ein kurzer einführender Input durch den Klimamanager des Kreises Uckermark Stefan Them, informierte über zentrale Eckpunkte, die das Handeln bzgl. des Baus von PV-Anlagen auf Frei- und Ackerflächen beschränken. Bürgerinnen und Bürger aus den verschiedenen Dörfern informierten sich und diskutierten an diesen Abenden in drei aufeinanderfolgenden Gesprächsrunden im Format des ‘World Cafés’ miteinander, Chancen und Möglichkeiten sowie Herausforderungen und Probleme, die zu lösen sind. Aspekte und Themenfelder für die zu entwickelnden Kriterien und offene Fragen wurden dabei identifiziert und vordefiniert. Zur Dokumentation wurden diese in eine Liste überführt und Oberthemen zugeordnet. Für eine allgemeine Einsicht und Nachvollziehbarkeit wurde diese Übersicht auf der Dörfer-Webseite 38-unter-einem-Hut.de veröffentlicht.

Die Phase II umfasste einen ganztägigen Workshoptag am 13. Mai in Fürstenwerder zur Erarbeitung der Bürgerkriterien in Themengruppen. Die vordefinierten Themenfelder und identifizierten Fragen wurden hier aufgegriffen und mit ihnen weitergearbeitet. Am Vormittag beantworteten eingeladene Expertinnen und Experten (Thomas Volpers (BUND e.V.), Heike Lewin (E.DIS AG); Matthias Lingg (ENVIRIA), Matthias Schilling (Gemeinde Uckerland), René Tettenborn (Inselwerke dG)), fachliche Fragen rund um PV-Anlagen auf Frei- und Ackerflächen.  Die Bau- und Ordnungsamtsleiterin der Gemeinde informierte über verfügbare Flächen für PV-Anlagen im Gemeindegebiet und rechtliche Rahmenbedingungen.

Am Nachmittag fanden sich die teilnehmenden Bürgerinnen und Bürger in fünf Themengruppen zusammen und konkretisierten und verschriftlichten ihre Kriterien. Die Themengruppen sind (1) Natur- und Artenschutz, (2) finanzielle Beteiligung der Bürgerinnen und Bürger, (3) Mensch/ Bürger/ Anwohner, (4) Wertschöpfung sowie (5) Netzstruktur/ Netzanschluss.

Die Kriterien dieser Themengruppen wurden in dem vorliegenden Bürgerkriterienkatalog zusammengeführt. Beim Dörfernetzwerktreffen am 13. Juni wurde dieser abschließend durchgesehen. Der Kriterienkatalog bildet die vielfältigen Perspektiven und Interessen der Bürgerinnen und Bürger der Gemeinde Nordwestuckermark ab und kann daher auch widersprüchlich sein. Als Ergebnis des Beteiligungsverfahrens ist der Kriterienkatalog eine dringende Empfehlung und soll Grundlage für Entscheidungen der Gemeindevertretung bzgl. des Baus von PV-Anlagen auf Frei- und Ackerflächen im Gemeindegebiet der Nordwestuckermark sein.

Die Übergabe der Bürgerkriterien an den Bürgermeister und den Vorsitzenden der Gemeindevertretung erfolgt am 27. Juni 2023 durch die Planungs- und Organisationsgruppe. In der Gemeindevertretersitzung soll eine Vorstellung der Bürgerkriterien stattfinden.  

Eine rechtliche Überprüfung der Bürgerkriterien wird durch die Gemeindeverwaltung bzw. durch eine von ihr beauftragte Anwaltskanzlei erfolgen. Dabei haben viele Bürgerinnen und Bürger unterstrichen, dass dieser Prozess möglichst transparent gestaltet werden soll und die Auswahl einer in Fragen der erneuerbaren Energien neutralen Kanzlei Voraussetzung für eine breite Akzeptanz ist.

Bürgerkriterien

Die folgenden Bürgerkriterien umfassen die zusammengeführten, formulierten Kriterien aus den Themengruppen:

  1. Natur- und Artenschutz
  2. finanzielle Beteiligung der Bürgerinnen und Bürger
  3. Mensch / Bürger*in / Anwohner*in
  4. Wertschöpfung
  5. Netzstruktur / Netzanschluss

[Die Ergebnisse aus den fünf Themengruppen wurden 14 thematischen Schwerpunkten zugeordnet.]

1. Gesamtobergrenze für Photovoltaik-Freiflächen-Anlagen (PV-FFA) im Gemeindegebiet

Wir wünschen uns eine Begrenzung der im Gemeindegebiet ausgewiesenen Fläche zur Bebauung von PV-FFA. Die Ermittlung dieser Fläche war uns in der Kürze der Zeit nicht möglich, Folgendes wurde dazu genannt:

  • die Größe der maximal zu bebauenden Fläche muss sich an den im Gemeindegebiet befindlichen potenziellen Flächen orientieren und die Verträglichkeit miteinbeziehen
  • der Schutz von wertvollen landwirtschaftlichen Flächen durch eine Obergrenze Bodenpunkte halten wir für wichtig zum Erhalt der Landwirtschaft in der Region
  • der im Gemeindegebiet bereits durch Windkraft erzeugte Strom und die dadurch bereits bestehende Belastung für das Gemeindegebiet muss unbedingt einbezogen werden
  • der im Gemeindegebiet erzeugte Strom sollte maßvoll in Relation zur Größe der Bevölkerung und des eigenen Bedarfs sein.
  • Die Bebauung mit PV-Anlagen sollte 1 % der Acker- und Grünfläche (d.h. 1% von ca. 18.500 ha) nicht überschreiten.
2. Vorrangflächen vor Frei- und Ackerflächen für PV-Anlagen

  • versiegelte Flächen
  • Konversionsflächen
  • sonstige Flächen, die anderweitig keinen anderen Wert haben
  • Schaffung von Flächen für großflächige PV, z.B. im Gewerbegebiet (in Kooperation mit Uckerland, Prenzlau) als „grünes“ Gewerbegebiet als Kombination von Gewerbe und PV (win win)
  • Radwege mit PV-Streifen / Solar auf Wegen (Überdachung)
  • Gemeindestraße mit PV-Randstreifen
  • Ansiedlung Discounter mit Parkplatzüberdachung mit PV
3. Größe der Anlagen-Flächen

Die Größe der einzelnen PV-Anlagen sollte bis maximal 10 ha begrenzt werden. Begründung:

  • kleine Anlagen sind sozial gerechter, geben Landwirten die Chance sich selbst zu beteiligen,
  • ermöglichen Genossenschaften sich zu beteiligen
  • verhindern den Investoren getriebenen Ausbau
  • Gewerbesteuer verbleibt eher in der Gemeinde
  • die Einnahmen für die Gemeinde sind bei mehreren kleinen Anlagen genauso groß wie bei einer großen Anlage! Der Beitrag zur Energiewende ist gleich groß.
  • um eine Vereinbarkeit von FFPV-Anlagen und damit Akzeptanz zu schaffen bei uns Bürger, kleinere Anlagen integrieren sich in die Landschaft, anstatt sie zu dominieren

4. Standort

Abstand zur Wohnbebauung: Grenze des Planungsgebietes für FFPV zur Wohnbebauung ab einer Anlagengröße > 2,5h soll mindestens 400 m sein.

Begründung:

  • Schutz der Anwohner vor potenziellen negativen Einflüssen einer großen Elektroanlage wie z.B. Hitzeentwicklung, Elektrosmog, Brandgefahr, etc. (wir haben genug Platz…)
  • Erhalt der Attraktivität der Dörfer und der Lebensqualität, naturnahes Wohnen soll erhalten bleiben, Menschen sollen nicht abwandern, sondern zuziehen
  • Schutz für Tourismus treibende Anwohner (> Wirtschaftsfaktor Tourismus erhalten)
  • Die Anbindung von FFPV-Anlagen ist in Ortsnähe (5km) mit Erdverkabelung auszuführen.
  • Bei der Auswahl der Standorte für neue FFPV-Anlagen sind Bestandsflächen von Windkraftfeldern zu bevorzugen.

Harte Kriterien (Ausschlusskriterien):

  • Biosphärenreservate
  • Naturparks
  • Naturschutzgebiete
  • Landschaftsschutzgebiete
  • FFH-Gebieten (Fauna-Flora-Habitate)
  • SPA-Gebieten (Vogelschutzgebiete)
  • Gesetzlich geschützten Biotope
  • Naturdenkmale
  • Geschützte Landschaftsbestandteile (Alleen, Einzelbäume etc.)
  • Wasserschutzgebiete Zone 1 und 2
  • Wasserflächen (Seen, Gewässer, Sölle)
  • Trockenrasen, Wiesen
  • Feuchtgebiete und Moore
  • Wälder
  • Baudenkmale
  • Gartendenkmale
  • Bodendenkmale
  • Flächen aus dem Freiraumverbund
  • Weithin sichtbare Hang- und Kuppenlagen
  • Aussichtspunkte
  • Flächen unter einem Mindestabstand von 5 km zur nächsten PV-FFA, Windkraft- oder Biogasanlage, siehe Kriterium weiter unten, wonach zwischen den Anlagen 10 km Abstand sein sollte
  • Großanlagen mit über 5 ha Flächenverbrauch

PV-Anlagen sollten vorrangig auf Flächen mit geringwertigem Landschaftsbild errichtet oder wenn möglich eingegrünt werden.

Begründung: Flächen mit hochwertigem Landschaftsbild können durch die Errichtung von PV-Anlagen visuell beeinträchtigt werden. Sie sind somit nur bedingt für die Nutzung von PV geeignet.

Keine FFPV auf Hügellagen

Um die Sichtbarkeit der Anlagen gering zu halten, sollten keine FFPV-Anlagen auf Hügellagen errichtet werden. Sichtschutz-Bepflanzungen sollten vertraglich mitaufgenommen werden.

Begründung:

  • das Landschaftsbild wird durch den Ausbau der erneuerbaren Energien massiv beeinträchtigt. Auf Hügellagen für den Bebau zu verzichten ist eine leicht umsetzbare Maßnahme mit großem Gewinn für die Anwohner.

Seen sollen ausgeschossen sein für den Bebau mit FFPV.

Begründung:

  • Seen sind charakteristisch für die Region und ein Naturgut, welches es zu schützen gilt. Wir leben mit unseren Seen und nutzen sie. Das Nutzen der Seen zum Angeln, Baden, Spazieren gehen, …. hat für die Anwohner großen Wert und gehört zum Leben in der Uckermark.

Abstand zwischen den FFPV-Anlagen: Der Abstand zwischen den FFPV-Anlagen soll ab Grenze Planungsgebiet mindestens 10 km betragen.

Begründung:

  • Clusterbildung soll verhindert werden.
  • Das Ziel ist die Integration der Anlagen in die Landschaft / in unser Leben, es soll verhindert werden, dass einzelne Regionen des Gemeindegebiets dominiert, technisch überprägt werden
  • eine Aneinanderreihung von mehreren Anlagen, die eine große Anlage ergeben, soll verhindert werden

Um alle oben genannten Flächen mit Ausschlusskriterien ist eine Pufferzone von mindestens 500 m einzuhalten.

Weitere Abstandsregelungen:

500 m Abstand zu Rast-, Nahrungs- und Brutgebieten von Vogelartenaußerhalb des Netzwerkes „Natura 2000“

20 m Abstand zu Feld-, Wander- und Radwegen

20 m Bauverbotszone an Straßen (Bundes-, Kreis- und Landesstraßen)

4a. besondere Beachtung verdienen …

Grünland

  • Grünland (vor allem extensiv genutztes) hat eine hohe Bedeutung für den Erhalt der biologischen Vielfalt in Deutschland und besitzt einen großen landschaftskulturellen Wert.
  • Das Umweltbundesamt rät deshalb zur Meidung von PV-Nutzung auf Grünland. Darüber hinaus zählen beispielsweise magere Mähwiesen/-weiden gemäß § 30 Abs. 2 Nr. 7 BNatSchG zu den gesetzlich geschützten Biotopen, sofern sie einen FFH-Lebensraumtyp (LRT) nach Anhang I der FFH-Richtlinie darstellen. Ob es sich bei einer Fläche um einen solchen LRT handelt, muss auf B-Plan-Ebene durch eine Biotop-Kartierung ermittelt werden. Fällt eine Fläche in diese Kategorie, ist sie von einer Bebauung mit PV-Anlagen auszuschließen.
  • Auch für den Fall, dass es sich nicht um einen FFH-Lebensraumtyp handelt, sind Ackerstandorte vor Grünland bei gleicher sonstiger Eignung zu bevorzugen.

Landschaftsbild

  • Gemäß § 1 Abs.1 Nr. 3 BNatSchG sind die Vielfalt, Eigenart und Schönheit sowie der Erholungswert von Natur und Landschaft auf Dauer zu sichern.

Biotopverbund (LAPRO)

  • Zum Biotopverbund zählen eine Reihe von Netzwerken verschiedener Lebensräume, die Kontakt zwischen Biotopen und Populationen herstellen und dem Artenschutz dienen. Je nach Größe, Art des Lebensraums (Wald, Feucht-, Trockengebiete) und Art der Funktion (Kern- oder Verbindungsfläche) können Beeinträchtigungen durch PV-Anlagen entstehen. Waldlebensräume sind häufig großflächig ausgewiesen und bieten für die betroffenen Arten die Möglichkeit, kleinflächige PV-Anlagen zu umwandern. Verbindungsflächen für Feuchtlebensräume beispielsweise, die aktuell durch Intensivackerbau genutzt werden, können durch PV-Anlagen positiv durch den Anstieg der Bodenfeuchte und der Extensivierung beeinflusst werden.
  • Trockenstandorte hingegen sind gegenüber PV-Anlagen eher gefährdet und sollten, insbesondere bei geringer Flächenausdehnung des Trockenlebensraumes, nicht für PV-Nutzung zur Verfügung gestellt werden.

Unzerschnittene und störungsarme Räume

  • Als „Unzerschnittene Verkehrsarme Räume“ (UZVR) werden Bereiche genannt, die auf einer Fläche von > 100 km² nicht durch Verkehrswege, Bundeswasserstraßen, Siedlungen oder Flughäfen zerschnitten werden (BfN 2010). Es handelt sich dabei um großflächige Ausweisungen, die in der Regel nicht durch PV-Anlagen geringerer Dimension zerschnitten werden.
5. Vergabeverfahren

Die Gemeinde Nordwestuckermark sammelt Anträge auf Errichtung von PV-Anlagen bis Ende 2024, bevor Bebauungsgenehmigungen erteilt werden. (Grund: Zeit einrichten, um Genossenschaftsbildungen zu ermöglichen und abgewogene, vergleichende Entscheidungen für Bebauungsgenehmigungen treffen zu können.)

Die Flächenbebauung sollte zeitlich entzerrt werden, um verschiedene Erfahrungen, Erkenntnisse und technische Veränderungen berücksichtigen zu können. (Jährlich 1 bis 2 Anlagen in einem Zeitraum von 10 Jahren).

6. Anlagenbetreiber und ihre Verpflichtungen

Der Zuschlag für die Errichtung von PV-Anlagen soll erteilt werden:

  • Einer Genossenschaft, die zu mindestens 75 % aus Einwohnern der Gemeinde Nordwestuckermark besteht.
  • Für Anlagen, die die Kommune betreibt.
  • Für Anlagen, die von einem Investor aus der Gemeinde betrieben werden, wenn die Flächennutzung nicht verändert wird oder die Veränderung nachweislich positive Auswirkungen auf Klima, Boden und Gewässer hat.

Die Errichter von PV-Anlagen werden zum Rückbau der Anlage verpflichtet, damit der Rückbau von Anlagen nicht zu Lasten der Gemeinde geht. Die Sicherstellung dieser Verpflichtung soll durch eine Bankbürgschaft erfolgen, die die hochgerechneten Rückbaukosten absichert.

7. Auflagen für eine ökologische Ausgestaltung von Photovoltaik-Freiflächen-Anlagen

(Vgl. BUND: Solare Chancen & Risiken, 2022) 

Doppelnutzung der Flächen ist erwünscht.

Eine extensive Pflege der Flächen, z. B. mit Schafbeweidung oder Mahd wird empfohlen. Ackerflächen können mit Heudrusch nah gelegener, artenreicher Wiesen oder Wildpflanzen-Saatgut aus regionaler Produktion eingesät werden.

Bis zum 15. Juni eines Kalenderjahres soll keine Mahd erfolgen.

Der Projektentwickler muss im Vorfeld eines Bauleitplanverfahrens nachweisen, wie die Fläche nach Inbetriebnahme gepflegt werden wird, einschließlich des Abflusses von Regenwasser, falls notwendig. Dies muss möglichst so erfolgen, dass die Artenvielfalt auf den Flächen gefördert wird.

Der Gesamtversiegelungsgrad der Anlage ist durch eine fundamentfreie Verankerung im Boden möglichst gering zu halten. Er darf in der Regel, inklusive aller Gebäudeteile, nicht über fünf Prozent liegen. Ausnahmen bilden Untergründe, die eine Pfahlgründung nicht zulassen.

Die Aufständerung der Solaranlagen sollte ausreichend Platz vom Boden bis zur Unterkante der Solar-Module aufweisen, damit Tiere darunter durchwandern können. Als Richtwert gelten 80 Zentimeter Abstand, damit z.B. Schafe problemlos zur Pflege der Flächen eingesetzt werden können.

Die Fläche unterhalb der Photovoltaik-Module sollte im Sinne einer ökologisch orientierten und artenschutzfördernden Bewirtschaftung gepflegt werden. Dies beinhaltet den Verzicht auf chemisch-synthetische Pflanzenschutzmittel sowie auf Gülle oder andere Düngemittel – oder Reinigungsmittel bzw. anderer Chemikalien.

Die Pflege der Fläche muss so gestaltet sein, dass verschiedene Arten von einheimischen (Blüh-)Pflanzen und Insekten (z.B. Bienen) sich dort ansiedeln können. Die Flächen können beispielsweise mit Heudrusch nah gelegener, artenreicher Wiesen oder mit Wildpflanzen-Saatgut aus regionaler Produktion eingesät werden.

Die Pflege der Fläche muss mit einer mechanischen Mahd oder Schafbeweidung erfolgen. Die Flächen sollten möglichst abschnittsweise gemäht werden (nicht die komplette Fläche an einem Tag).

Die Möglichkeit, Bienenkästen oder eine Imkerei auf der Anlage zu unterhalten, muss geprüft und bei Möglichkeit umgesetzt werden. Die Ausgleichsflächen, die der Projektierer vorweisen muss, müssen sich sinnvoll in das lokale Ökosysteme einfügen.

Jede Anlage muss einen 10m breiten Randstreifen als Feldrain oder Hecke rund um die Anlage aufweisen.

Vermeidung großflächig zusammenhängender Modulanordnungen mit einer Überstellung der Anlagenfläche von über 40%

Ableitung der Stromerträge zum Einspeisungspunkt in Erdkabeln, Verbot von Freileitungen.

Wenn eine Einzäunung der Anlage unvermeidbar ist, soll in der Regel die Durchgängigkeit für Kleintiere durch einen Bodenabstand von mindestens 20 Zentimetern gewährleistet werden. Ausnahmen davon können zum Schutz von Bodenbrütern im Einzelfall sinnvoll sein.

Der Antragsteller muss die Umzäunung der Anlage so gestalten, dass sie Natur- und Artenschutz fördert. Hierfür können beispielsweise Naturzäune, bestehend aus heimischen Gehölzen, eine Möglichkeit darstellen.

Die Anlage muss so gestaltet werden, dass Rebhühner, Wachteln und Wildtiere nicht maßgeblich in ihrem Lebensraum eingeschränkt werden. Gegebenenfalls müssen Wildkorridore vorgesehen werden. Attraktiv gestaltete Schneisen innerhalb der Anlagenflächen müssen Tieren die Passage weiterhin ermöglichen bzw. erleichtern.

Bestehende Wege für die Landwirtschaft und Naherholung sowie Wildwechsel sind durch Korridore zwischen den Teilabschnitten der Anlage zu sichern. Eine Querungshilfe ist in der Regel ab einer Länge der Umzäunung von 500 Metern anzulegen.

Auf eine nächtliche Beleuchtung der im Außenbereich befindlichen Anlagen ist zum Schutz von Insekten zu verzichten.

Ausreichende Ansitze für Greifvögel im nicht reflektierenden Zaunbereich der Anlage.

In Wasserschutzgebietszone III ist die Errichtung baulicher Anlagen grundsätzlich erlaubt, es müssen jedoch auf Bebauungsplanebene eine wasserrechtliche Genehmigung eingeholt sowie Auflagen für den Umgang mit wassergefährdenden Stoffen (beispielsweise Reinigungsmitteln) eingehalten werden.

8. Aufgaben der Gemeinde

  • Die Gemeinde wird gebeten, für ein genossenschaftliches Pilotprojekt Flächen zur Verfügung zu stellen, z. B. in Gollmitz.
  • Die Gemeinde wird gebeten zu prüfen, wie und ob die Gemeinde bzw. möglichst alle Gemeindemitglieder der Nordwestuckermark eine Energiegenossenschaft bilden kann.
  • Flächenpool anlegen mit potentiellen Flächen für PV-FA
9. Gründung einer Energiegenossenschaft (‘eNerWU eG’)

In dieser eG können alle Einwohner Teilhaber werden.

Investoren müssen dieser eG mindesten XX% Anteile an ihrer Anlage zur Verfügung stellen.

Dadurch brauchen nicht einzelne Mitmenschen Teilhaber werden, reduziert womöglich auch den Aufwand bei Investor und ist dadurch attraktiver.

Auch bei Repowering von Windkraftanlagen ist die eG als Teilhaber zu berücksichtigen.

Die Gemeinde muss hier Mitglied sein.

10. Kooperationen

  • gut auch wissenschaftliche Forschungsprojekte
  • Kooperation / Zusammenwirken mit PCK suchen
11. Erweiterte Infrastruktur

  • Ladeinfrastruktur ermöglichen
  • Mehrfachnutzung von PV mitplanen, insbesondere Speicher & Wärme
12. Finanzielle / Materielle Beteiligung der Bürger*innen und der Gemeinde

  • bei Projekt zu PV-FFA: Investor beteiligt Anlieger im Umkreis von 2,5 km mit mind. 20% günstigerem Stromtarif als Grundversorger
  • mind. XX% Anteile an Anlage für die eNerWU eG
  • Beteiligung der Gemeinde mit 0,2 Ct/kWh
  • beim Bau und Betrieb ortsansässige Unternehmen bevorzugt berücksichtigen
  • Betriebssitz des PV-FFA-Betreibenden im Gemeindegebiet (Gewerbesteuer)
  • alle Projekte immer mit Bürgerbeteiligung und Öffentlichkeitsarbeit begleiten
  • Investoren, die einen Teil der erzeugten elektrischen Energie der Gemeinde Nordwestuckermark zur Abrechnung über das “Bilanzkreismodell” zur Verfügung stellen, sind zu bevorzugen.
  • Investoren mit Konzepten zur “Quartierlösungen” (lokale Energieerzeugung und -verbrauch) sind zu bevorzugen.
  • Investoren, die Konzepte für einen regionalen Strommarkt anbieten oder zumindest unterstützen (geminderter Anwohnerpreis, Angebote zum vergünstigen Anteilskauf, etc.), sind zu bevorzugen. 
13. Verpflichtendes Angebot einer Bürgerbeteiligung

Für die einer PV-Freiflächen-Anlage anliegenden Ortschaft, in einem Radius von 5 km zur Grenze des Planungsgebietes, sollte es eine verpflichtende Bürgerbeteiligung geben.

Begründung:

  • Bürgerbedürfnisse sollen mit Rücksicht und Respekt behandelt werden
  • Bürger sollen mitgenommen und Akzeptanz soll geschaffen werden
  • Anliegen sollen vorgebracht werden können und Beachtung finden

14. Image und Vision

  • Image der Gemeinde vermarkten
  • grüne Gemeinde
  • muss nicht abschreckend wirken für Zuzügler – auch das Gegenteil ist schon passiert
  • touristische Infrastruktur
  • finanzielle Kooperation nutzen
  • Erprobungsregion für Innovation